Europäische Zentralbank (EZB) senkt Leitzins auf 0,0 Prozent
Bei der letzten Sitzung der EZB am Donnerstag, dem 10.3.2016 wurde der Leitzins der Eurozone erstmals in seiner Geschichte auf 0,0 % gesenkt. Hinzu kommt die Absicht der EZB, das Anleihekaufprogramm noch weiter zu forcieren. Der Spiegel spricht in einem aktuellen Artikel (siehe auch unter: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/europaeische-zentralbank-senkt-leitzins-auf-null-prozent-a-1081630.html) davon, dass hier sogar die Erwartungen der meisten Experten übertroffen wurden. Dieser historische Schritt der EZB hängt mit der nach Ansicht der Sitzungsteilnehmer notwendigen Kursverschärfung zusammen. Ein ganzes Paket neuer Maßnahmen tritt im Gefolge des Zinsschrittes auf. Ziel ist letztlich die Ankurbelung der Kreditvergabe zur Steigerung der Wirtschaftstätigkeit. Die bisherigen Maßnahmen haben nach Ansicht des EZB-Rats nicht bzw. nicht ausreichend zu den gewünschten Effekten geführt.
Preisanstieg erwünscht
Die Leitzinssenkung von bisher 0,05 % auf nun 0,0 % ermöglicht den Geschäftsbanken, sich kurzfristig ohne Zinskosten mit neuem Geld einzudecken. Zusätzlich erhöhte die EZB die „Strafe“, wenn Geschäftsbanken bei ihr Geld parken. Der Einlagenzins wurde von -0,3 % auf -0,4 % noch weiter ins Negative gesenkt, d.h. die Banken müssen Geld zahlen, wenn Geld bei der EZB zwischengelagert wird. Auch das Programm zu Anleihekäufen wird ausgeweitet: Ab April wird die EZB je Monat Anleihen im Wert von 80 Milliarden Euro aufkaufen – künftig zudem auch Unternehmensanleihen. Auch ein Programm, bei dem Geschäftsbanken sich für bis zu 4 Jahre Geld von der EZB leihen und dafür Zinsen verdienen können wird aufgelegt. Diese Maßnahmen sollen also weitere Anreize schaffen, Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen und die Investitionstätigkeit und damit die Wirtschaftstätigkeit zu steigern. Die Folge wäre neben der Ankurbelung der wirtschaftlichen Entwicklung vor allem ein moderater Preisanstieg. Dieser ist gewünscht, denn zuletzt konnte ein Preisverfall in der Eurozone beobachtet werden. So lagen die Verbraucherpreise im Februar 2016 um 0,2 % unter dem Wert des Vorjahres – vor allem verschuldet durch den gefallenen Ölpreis. Auch der Wert der sogenannten Kerninflation (Preisindex ohne Energie- und Lebensmittelpreise) lag lediglich 0,7 % – weit entfernt vom eigentlichen Ziel der EZB bei 2,0 %.
Erwartungen wurden übertroffen
Viele Experten hatten so drastische Schritte nicht erwartet. Die Anleger am Kapitalmarkt reagierten zunächst erfreut – der DAX kletterte direkt nach Bekanntgabe der Schritte merklich nach oben. Doch der Verlauf der Sitzung ließ eher auch den Verdacht aufkommen, dass die Schritte bereits ein wenig Verzweiflung beinhalteten. Das Ringen der EZB um eine Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit und die Steigerung der Inflationsrate auf 2 % hatte bisher nicht den gewünschten Erfolg, sonst wären solche Schritte gar nicht nötig gewesen. In der Sitzung wurde ebenfalls eine Senkung der Wachstumsprognose für die Eurozone bekanntgegeben. Die umfassenden Schritte könnten also auch Ausdruck einer bisher ungenügenden Programmatik mit unbekanntem Ausgang der Wirksamkeit der neuesten Maßnahmen sein. Die Munition scheint nun aufgebraucht und so sahen das auch später viele Anleger. Der DAX fiel wieder ab und Gold und Euro zogen an – dies führt letztlich zu steigenden statt fallenden Zinsen am Anleihemarkt. Der besonnene Anleger reagiert momentan eher zurückhaltend, denn die nächste Zukunft ist trotz der eigentlich drastischen Maßnahmen völlig ungewiss.
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